Ökostrom- Diskussion mit Niveau
Freitag, den 13. Mai 2011 um 09:10 Uhr
Jochen Schmidt
Thüga-AG
Hier ein Hintergrundartikel zu der Thüga-AG, die mit 37 % in der Rheinhessischen sitzt und die Energieversorgung in Ingelheim und Heidesheim mitbestimmt.
Diese Gesellschaft war bis 2009 eine Tochtergesellschaft der e-on und wurde dann von der e-on verkauft und in eine AG umgewandelt, unter großer Beteiligung verschiedener stadteigener Werke. Über 90 Städte wollen hier dezentrale Energieversorgung "genossenschaftlich" gewährleisten.
Die “Bürger-Thüga“ - Warum Geld verbrennen?
“Energie in Bürgerhand“ aus Freiburg, Campact, die Klima-Allianz, die Elektrizitäts-
Werke-Schönau/EWS, Wasser-in-Bürgerhand und andere werben für die Genossenschaft
“Energie in Bürgerhand“ und für Beiträge, um sich am Thüga-Nachfolgekonzern
zu beteiligen. Angestrebt wird ein 100 Mio. €-Fond.
Versprochen wird:
- „Schon mit 500 Euro werden Sie Miteigentümer von 90 Stadtwerken.
- Sie können mitbestimmen, ob diese mit Atomstrom oder grünem Strom versorgt werden.
- Sie können dafür sorgen, dass Millionenbeträge nicht länger in Konzernkassen
verschwinden, sondern zurück in die Taschen der Bürger/innen vor Ort fließen.
- Mitspracherechte bei der Thüga sichern.“
Aber leider stehen Tatsachen dagegen:
Die Thüga-Nachfolgegesellschaft wird eine AG sein. Aktiengesellschaften haben nicht die
Aufgabe ökologisch oder sozial zu wirtschaften, sondern müssen für die Aktionäre eine
höchstmögliche Dividende einfahren. Wird durch eine ökologische Ausrichtung des
Konzerns der Profit geschmälert, wird ökologisches Wirtschaften unterbunden. Jeder
Aktionär kann das gerichtlich durchsetzen. In einer AG ist deshalb eine ökologischsoziale
Energiepolitik in der Regel nicht möglich.
Beispiele:
1. Oberbürgermeister Ulrich Klose, als Vertreter der Stadt Hamburg in den Hamburgischen
Electricitäts-Werken / HEW, also der Ministerpräsident eines Bundeslandes, wollte das
Atomkraftwerk Brokdorf verhindern. Hamburg hatte an der Verbundgesellschaft HEW
einen Anteil von 70 %. Er konnte den Bau nicht verhindern und musste als OB
zurücktreten. Was 70 % (verfassungsgebender) Anteil nicht vermag, sollen 3 % (100
Mio.€) schaffen?
2. Beim Widerstand gegen die Bahnprivatisierung war uns allen klar, dass ein privater
Investor seine Profitinteressen durchsetzt, selbst wenn der Staat die Mehrheit der Aktien
hält, geplant waren 51 %. Aus dem Bahnmemorandum von Dr. Hermann Scheer und
Peter Friedrich. Wieder ging es um die HEW:
“Die Argumentation der Befürworter, dass der Bund mit 51 Prozent der Anteile das Sagen
haben werde, sehen die Verfasser des Memorandums aufgrund der Erfahrungen mit den
Hamburgischen Elektrizitätswerken (HEW) sehr kritisch. Exemplarisch sei der Druck, den
private Aktionäre im Jahr 1990 gegen den Schleswig-Holsteinischen Energieminister,
Günter Jansen ausgeübt haben. Jansen war in den Aufsichtsrat des Unternehmens
berufen worden. Jansen war ein entschiedener Atomkraftgegner und vertrat diese Ansicht
auch offensiv. 277 Kleinaktionäre, die nicht einmal ein Prozent des Aktienkapitals
repräsentierten, klagten ihn aus dem Aufsichtsrat. Jansen vertrat vor Gericht die Ansicht,
dass er mit seiner Einstellung gegen die Atomenergie die Gemeinwohlinteressen vertrete.
Das Landesgericht sah dies anders: „Insbesondere kann für die Entscheidung nicht von
Bedeutung sein, dass die Gesellschaft ihrer Satzung gemäß (…) zur Berücksichtigung der
öffentlichen Interessen verpflichtet ist“. Das Oberlandesgericht stellte darüber hinaus fest,
dass „die Bewertung der Unternehmensinteressen nicht durch ein von Jansen in
Anspruch genommenes öffentliches Interesse“ beeinflusst wird. Das Gericht weiter,
„An das Unternehmensinteresse der HEW, auch was die Nutzung der Kernkraftenergie
betreffe, sei er als Aufsichtsrat gebunden.“
Eine Kontrolle des Konzerns über ein von der Bürgergenossenschaft entsandter Aufsichtsrat
ist eine Illusion. Auch dieser Genossenschaftsvertreter ist zur Geheimhaltung
verpflichtet. Damit ist Transparenz nicht möglich.
Die “Energie in Bürgerhand“ als Genossenschaft zu organisieren, ist eine Irreführung.
GenossInnen gestalten selbstbestimmt und dienen nicht als reine Geldgeber.
Die beteiligten Bürger können weder über die Energiepolitik der neuen Thüga, noch
über die Millionenbeträge, die in den Konzernkassen verschwinden, bestimmen:
lediglich über die Dividende der Genossenschaft.
Ein Vergleich mit EWS ist unreell, weil die Schönauer das Stromnetz zu 100 % und nicht in
Anteilen erworben haben. Ebenso ist der Vergleich mit dem Hertenfonds falsch, weil die
Stadtwerke Herten zu 100 % der Kommune und den Hertener Bürgern gehören.
Transparenz, demokratische Kontrolle und eine ökologisch-soziale Energiepolitik
wäre erst möglich, wenn die einzelnen Thüga-Kommunen ihre jeweiligen Stadtwerke
komplett zurückkauften und die Betriebsführung in keiner AG oder GmbH stattfände.
Anlagen vor Ort sind die Alternative. Sie sind dezentral, kommunal und genossenschaftlich
und damit demokratisch kontrollierbar. Hier sein Geld zu investieren
in effiziente Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und erneuerbare Energien ist richtig.
Das dort investierte Geld erhält den Wohlstand in der Region.
Was können die Kommunen bei RWE bestimmen? Wie unterscheidet sich RWE oder
EnBW von der Bürger-Thüga? Bei RWE und EnBW herrschen trotz einem kommunalem
Anteil von 15 bzw. 50,1% ausschließlich Profitinteressen. Die demokratische Kontrolle
bleibt auf der Strecke.
Daran würde auch ein Bürgervertreter im Aufsichtsrat nichts ändern. Erst über dezentral
kontrollierbare Einrichtungen wird eine neue Energiepolitik in unserem Sinne gewährleistet.
Nur dann setzt sich die demokratische, ökologische Bewegung gegen die
Energieoligopole durch.
Leider wird eine ökologisch-soziale Energiepolitik auch nicht über den Atomstrom-
Verschiebebahnhof Ökostrom-Handel / Stromwechsel bewirkt, oder gar über ein militärisch
zu bewachendes, 400 Milliarden € teures Desertec-Oligopol-Projekt. Das einzig für die
dezentrale Energieerzeugung bewährte politische Instrument, das EEG (Erneuerbare
Energien-Gesetz) wird dann endgültig gestoppt, um Desertec zu ermöglichen.
Setzen wir unser Geld ein für dezentrale Energieanlagen vor Ort.
Gründen wir Genossenschaften! In Zeiten unsicherer Kapitalmärkte ist
die Investition in eine Genossenschaft vor Ort die sicherste Anlageform.
Eine “Bürger-Thüga“ wäre zu schön,
um wahr zu sein!
Barbara Kern,
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Ulrich Jochimsen,
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, www.ulrich-jochimsen.de
Video zur Klimaproblematik: www.youtube.com/watch?v=JoU6trzUFq4
Kommentare
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